Die Fakten: Das Theater Neumarkt hat Vorwürfe eines israelischen Schauspielers aus einer Untersuchung zu Diskriminierung ausgeklammert.
Warum das wichtig ist: Für den Zürcher Gemeinderat Jehuda Spielman ist es inakzeptabel, dass der Verwaltungsrat den konkreten Einzelfall nicht untersucht hat. Es stehen schwerwiegende Vorwürfe im Raum.
Die Vorgeschichte: Der Schauspieler Yan Balistoy gab an, er werde am Theater Neumarkt diskriminiert, weil er Israeli sei.
- Seit August 2021 sei Balistoy lediglich bei der Hälfte aller Stücke besetzt worden.
- Der Grund dafür: Das Theater will eine libanesische Schauspielerin schützen.
- Ein libanesisches Gesetz verbiete es Libanesen, mit Israelis zusammenzuarbeiten.
- Die Schauspielerin fürchte um ihre Sicherheit, falls ihre Zusammenarbeit öffentlich würde.
Die Besetzungsregel, basierend auf dem Boykottgesetz aus dem Libanon machte der Schauspieler Yan Balistoy in einem Brief an die jüdische Gemeinschaft in Zürich öffentlich.Jehuda SpielmanFür den jüdisch-orthodoxen FDP-Gemeinderat Jehuda Spielman ist diese Besetzungsregel problematisch.
O-Ton Spielman: «Hier gibt es zwei Problematiken gleichzeitig: Einerseits akzeptiert das Theater Neumarkt ein ausländisches Gesetz, das gegen Schweizer Recht verstösst. Andererseits handelt es sich bei diesem Gesetz um ein diskriminierendes und antisemitisches Gesetz, was noch besorgniserregender ist.»Wie es weiterging: Das Theater liess die Diskriminierungsvorwürfe in einer Untersuchung prüfen. Die Untersuchung kam zum Schluss:
- Diskriminierung werde am Neumarkt «in keiner Form» geduldet.
- Keine der befragten Personen, die am Theater beschäftigt seien, habe Diskriminierung wahrgenommen oder erlebt.
Im Bericht wurde nicht explizit untersucht, ob Yan Balistoy wegen seiner Herkunft diskriminiert wurde (Die «NZZ» berichtete). Der Bericht stösst bei Jehuda Spielman auf Kritik.
O-Ton Spielman: «Die Untersuchung und der daraus resultierende Bericht sind schlicht absurd und eine Farce. Es ist inakzeptabel, dass der Verwaltungsrat es versäumt hat, den konkreten Einzelfall zu untersuchen, insbesondere da schwerwiegende Vorwürfe im Raum stehen.»
Beim Theater Neumarkt sieht sich der Verwaltungsratspräsident nicht in der Verantwortung.
Angesprochen auf die Untersuchung meint der Verwaltungsratspräsident des Theaters, Thomas Busin gegenüber der «NZZ»:
- «Als Verwaltungsratspräsident mische ich mich nicht in künstlerische Belange ein, das wäre unangemessen. Das ist Sache der Direktion.»Bei der FDP der Stadt Zürich kam die Aussage Busins schlecht an. In einer Fraktionserklärung im Zürcher Stadtparlament bezeichnete die FDP die Erklärung von Busin als absurd.
O-Ton Spielman: «Das ist ein schändlicher Versuch, die Verantwortung, die er als Verwaltungsratspräsident und offizieller Vertreter der Stadt trägt, von sich zu weisen. Genau die Befassung mit solchen Angelegenheiten ist der Auftrag eines Verwaltungsratspräsidenten.
In Zahlen: Die Anti-Israel-Vorwürfe dürften mit dem Untersuchungsbericht nicht abklingen. So unterstützt die Stadt Zürich das Theater Neumarkt selbst finanziell.
- Das Theater Neumarkt profitiert von jährlichen Betriebsbeiträgen der Stadt Zürich von rund 4,5 Millionen Franken.
- Jährlich wird ein Mietzinserlass von knapp 700'000 Franken gewährt.
Entsprechend sieht die FDP der Stadt Zürich eine politische Verantwortung. Der Vertrag mit dem betroffenen Schauspieler sei zwar nicht verlängert worden, sodass eine Untersuchung über die Besetzungsregel obsolet wurde.
O-Ton Spielman: «Dennoch liegt unser Hauptanliegen nicht in diesem spezifischen Fall, sondern vielmehr darin, wie mit diesem Vorwurf insgesamt umgegangen wird. Für mich ist klar, dass nun Taten folgen müssen.»