Aktuell

Gemeinderat der Woche: Jehuda Spielman

Gemeinderat der Woche: Jehuda Spielman

Der junge Gemeinderat aus Wiedikon ging in die Politik, weil er wissen will, wie eine Stadt funktioniert. Ein Credo begleitet den FDP-Politiker bei seinen Entscheidungen immer: Gibt mir dies als einzelner Mensch mehr Freiheit? Kein Wunder, fühlt er sich bei den Freisinnigen wohl.

Mit 27 Jahren ist Jehuda Spielman einer der jüngeren Gemeinderäte in Zürich. Auch dank seiner Kandidatur konnte die FDP bei den Wahlen Anfang Jahr in Wiedikon an Wähler:innen-Anteil zulegen und einen zusätzlichen Sitz im Parlament gewinnen. Denn Spielman steht, wie andere in der aktuellen FDP-Fraktion auch, für eine neue Diversität in der Partei. Im Schritttempo weg vom älteren Zunft-Mann, hin zu unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Und eine Partei, deren Auswahl an Kandidierenden sich langsam der Diversität der Bevölkerung angleicht, hat grössere Chancen an der Wahlurne. Dies zeigt sich auch an den anhaltenden Erfolgen der linken und grünen Stadtparteien, welche bezüglich Diversität in der Fraktion der FDP noch immer einige Schritte voraus sind. 

Der Immobilien-Bewirtschafter Jehuda Spielman gehört, wie auch Anthony Goldstein, zu den seltenen Gemeinderäten der orthodoxen jüdischen Gemeinschaft in Zürich. Eigentlich viel zu lange war diese Community, welche rund einen Prozent der Zürcher Bevölkerung ausmacht, nicht im Parlament vertreten. Vor über 10 Jahren hat der letzte Vertreter der Gemeinschaft den Rat verlassen.

Wer neu im Gemeinderat ist, startet oftmals mit eher schwachen Vorstössen und reicht erstmal nur schriftliche Anfragen oder Postulate ein. Man will sich ja erst akklimatisieren, bevor man Stadtrat und Verwaltung mit Arbeit eingedeckt. Nicht so Jehuda Spielman. Fünf Vorstösse hat er bereits eingereicht: Zwei Motionen, zwei Postulate und eine schriftliche Anfrage. Die Themen der Vorstösse: Energie, Kultur, Digitalisierung. Gerne auch mit Mitunterzeichnenden aus anderen Parteien.

Herr Spielman, warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Ich will verstehen, wie eine Stadt funktioniert. Wie läuft zum Beispiel die Entscheidung ab, welche Fahrzeuge man für den ÖV kauft? Diese Prozesse interessieren mich sehr, darum will ich ein Teil davon sein. Die Arbeit im Gemeinderat bringt mich aus der Komfortzone heraus und es ist eine grosse Chance, etwas in der Stadt verändern zu können. Wenn man auf Gemeindeebene Politik macht, sieht man im echten Leben, was man entschieden hat – das fasziniert mich. Auf kantonaler oder nationaler Ebene sind die Entscheidungen oft viel abstrakter. Aber wenn ich am Sonntag mit meiner Familie spazieren gehe, dann kommen wir an Orten vorbei, über die wir im Rat debattiert haben. Es ist alles viel konkreter. 

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Es gibt viele spannenden Menschen im Gemeinderat und mit vielen habe ich schon etwas trinken können. Mit Michael Schmid von der AL hatte ich bisher noch nicht die Möglichkeit dazu. Das will ich noch nachholen. Politisch haben wir nicht viel gemeinsam, aber er ist immer freundlich und sieht aus, als habe er Freude am Leben. Das habe ich schon am ersten Tag beobachtet.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

(Überlegt lange) Wir verlieren ja die meisten Abstimmungen. Wenn ich etwas Konkretes nennen müsste, dann der Beschlussantrag zum Gender-Watchprotokoll. Mit diesem soll überprüft werden, wie lange die Männer und wie lange die Frauen im Gemeinderat reden. Die Frage, wie viele Frauen im Gemeinderat vertreten sind, wird nicht dort entschieden, sondern bei der Erstellung der Wahllisten. Also sind die Parteien in der Verantwortung, mehr oder weniger ausgeglichene Listen zu erstellen. 

Wie haben Sie sich Ihre Partei ausgesucht?

Die FDP setzt sich für jene Themen ein, die mir auch wichtig sind. Natürlich bin ich nicht zu 100 Prozent mit jeder Parole und jeder Position der Partei einverstanden. Aber für mich ist die alles entscheidende Frage bei jedem Thema: Gibt mir dies als einzelner Mensch mehr Freiheit? Bei diesem Credo sind die FDP und ich gleicher Meinung. Auch die Menschen in der Partei zeigen mir, dass ich am richtigen Ort bin. Seit Beginn fühle ich mich wohl und kann enorm viel von den Erfahrungen der anderen lernen. 

Welche Themen sind Ihnen wichtig?

Die ganzen Fragen der Infrastruktur interessieren mich sehr. Darum wollte ich auch unbedingt in die Sachkommission Tiefbau- und Entsorgungsdepartement und der Industriellen Betriebe. Alles, was mit Wasser, Strom, Strassen und unserer direkten Umwelt zu tun hat, liegt mir sehr am Herzen. 

Jetzt teilen:

Weitere Beiträge