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Aegerten-Spielplatz soll Park werden

Aegerten-Spielplatz soll Park werden

Mitte Januar 2024 hat eine FDP-SP-Allianz im Gemeinderat mit grosser Mehrheit ein Postulat für die Ausweitung des Aegerten-Spielplatzes zu einem kleinen Park im Geviert Aegerten-/Erlach-/West-/Werdstrasse überwiesen.

Mitte Januar 2024 hat eine FDP-SP-Allianz im Gemeinderat mit grosser Mehrheit ein Postulat für die Ausweitung des Aegerten-Spielplatzes zu einem kleinen Park im Geviert Aegerten-/Erlach-/West-/Werdstrasse überwiesen. Mit 98 gegen 12 Stimmen, ohne Enthaltung, hat der Zürcher Gemeinderat den Vorstoss von Jehuda Spielman/Mélissa Dufournet (beide FDP) und Rahel Habegger (SP) angenommen. Solche parteiübergreifenden Aktionen sind in den letzten Jahren leider selten geworden. Mélissa Dufournet ist wegen Wegzug aus Zürich inzwischen aus dem Gemeinderat ausgeschieden.

Dass die Initiative von Jehuda Spielman ausging, ist kein Zufall, wird doch der Spielplatz neben dem Schulhaus Aegerten seit vielen Jahren von Kindern jüdischer Eltern aus dem Manessequartier stark genutzt. Hinzu kommen nicht-jüdische Kinder und Eltern, oft auch mit Migrationshintergrund, aus dem Gebiet Erlach-/ Zelg- und Wuhrstrasse. Zwar kann nicht von einer Durchmischung der unterschiedlichen Gruppen gesprochen werden, eher von einem friedlichen Nebeneinander von Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft. Aber der Spielplatz ist beliebt und belebt.

Zur Vorgeschichte muss man wissen, dass in zwei Etappen – in den Jahren 2000 und 2022 – vis-à-vis vom Schulhaus Aegerten Pavillons aufgestellt wurden, um mehr Schul- und Kindergartenraum zu schaffen. Durch die verstärkte Anwesenheit von Schülerinnen, Schülern und Jugendlichen wurde der Spielbereich für Kleinkinder immer mehr eingeschränkt. Das Postulat Spielman/Habegger verlangt eine Überarbeitung des bisherigen Nutzungskonzepts und eine Vereinigung des Spielplatzes mit dem Park an der Erlach-/West-/Werdstrasse vor dem Café Salon Salut. Auch der Einbezug des kleinen Parks an der Ecke Aegerten-/Werdstrasse ist angedacht.
Kinderspielplatz heute mit Aegerten-Schulhaus (im Hintergrund)
Kinderspielplatz heute mit Aegerten-Schulhaus (im Hintergrund)
Soll ebenfalls einbezogen werden: Park vor dem Café Salon Salut
Soll ebenfalls einbezogen werden: Park vor dem Café Salon Salut
Karte Luftaufnahme mit geplantem Park und neuer Verkehrsführung
Karte Luftaufnahme mit geplantem Park und neuer Verkehrsführung
Der parlamentarische Vorstoss skizziert fünf Nutzungen: einen Spielbereich für Kleinkinder, einen Spielbereich für Schulkinder und Jugendliche, einen umzäunten Spielbereich für Hunde, einen ruhigen Sitzbereich mit Brunnen sowie ein Fussballfeld. Diese Erweiterung zu einem zusammenhängenden Park wäre zweifellos ein Gewinn für das Quartier.

Die Aegertenwiese ist seit Jahrzehnten ein Objekt, an dem sich die Interessen und Gemüter von Schule, Anwohnerschaft und Quartier reiben. Das zeigt ein Artikel, den der Quartierverein vor gut zwei Jahren publiziert hat: «Der Kampf um die Aegertenwiese», 6.1.2022). Einige Konfliktlinien sind gleichgeblieben (Stadt gegen Quartier, Wohnen gegen Arbeit), andere haben sich verändert (Parteienbündnisse, Positionierung der Medien).
Aegertenwiese und Aegerten-Schulhaus mit noch durchgehender Erlachstrasse (Foto ca. 1920) Aegertenwiese und Aegerten-Schulhaus mit noch durchgehender Erlachstrasse (Foto ca. 1920)
So wollte zum Beispiel der Stadtrat in den 1930er Jahren die Aegertenwiese zwischen Aegerten- und Zurlindenstrasse mit einem grossen Wohnblock überbauen – schon damals war das Thema «Wohnungsnot» aktuell. Die sozialdemokratische Zeitung «Volksrecht» und die SP waren begeistert: «Wo Bauten möglich sind, sollte man sie ausführen» – im Interesse der Arbeitsbeschaffung, schrieb die Zeitung im August 1936. Dagegen stellte sich die Lehrerschaft des Schulhauses Aegerten und der Quartierverein unter seinem Präsidenten Hans Kleiner, der auch FDP-Kantonsrat war und als Jurist bei der Kantonspolizei arbeitete. Grund: Der Bau eines Wohnblocks riegle das Schulhaus vom Spiel- und Sportplatz ab. FDP-Gemeinderat Albert Sieber (später Stadtrat) brachte das Projekt mit einer Interpellation im Gemeinderat im Herbst 1936 zu Fall.
Pressespiegel zur Diskussion um den Schulhaus-Neubau auf der Aegertenwiese 1943/44 Pressespiegel zur Diskussion um den Schulhaus-Neubau auf der Aegertenwiese 1943/44
Sieben Jahre später, im Sommer 1943, flammte die Auseinandersetzung erneut auf. Diesmal ging der Riss mitten durch die freisinnige Partei. FDP-Stadtrat und Schulvorstand Emil Landolt (später legendärer «Stapi»), plädierte dafür, das Aegerten-Schulhaus durch einen grossen Neubau zu ersetzen. Denn die Bevölkerung Wiedikons sei inzwischen auf 46'000 Personen angewachsen und benötige dringend neuen Schulraum. Ebenfalls dafür waren die Kreisparteien des Landesrings (LdU) und der SP, dagegen der Quartierverein und die FDP Kreis 3. Die heftigste Auseinandersetzung tobte indes in der Sozialdemokratie, wo das «Volksrecht» gegen grossen Widerstand in den eigenen Reihen dazu aufrief, den Quartierverein in seinem Kampf zu unterstützen.

Auch diesmal bewirkte die Öffentlichkeitsarbeit des Quartiervereins die Wende. «Die fast einzige noch verbliebene Grünfläche im Kreis 3 (sei) vor der Überbauung frei- und der Nachwelt zu erhalten», appellierte Präsident Kleiner an einer von über 300 Personen besuchten Veranstaltung des Quartiervereins. Mit einem wuchtigen Konsultativvotum (264 gegen 30 Stimmen) wurde der Stadtrats-Vorschlag abgeschmettert. Damit war der Schulhausneubau vom Tisch.

Und die Moral von der Geschicht
Die «Grünen» waren so schlecht nicht
Für die Aemtlerwiese kämpften sie allein:
Lehrer, Freisinn und Quartierverein

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